


Leshan - Die verschwundene Kitsch-Replika
Tausende chinesischer Touristen besuchen jährlich den sitzenden Leshan Buddha, mit 71 Metern Höhe die grösste Buddha-Statue der Welt. Und alle lassen sich mit geheimnisvoll anmutenden Posen vor dem 14 Meter langen Riesenkopf fotografieren. Auf den Fotos soll es so aussehen, als würden sie das 7 Meter lange Ohr, oder die 5 Meter lange Nase oder die meterhohe Stirn des Kolosses berühren. Das soll
Glück und langes Leben bringen.


In unmittelbarer Nähe des Leshan Buddhas ist der kommerzielle "Oriental Buddha Kingdom Park", mit über dreitausend Buddha-Replikas eine Art Disneyland des Buddhismus. Der Parkbesitzer hatte unmittelbar nach der Zerstörung der Buddhas in Afghanistan die Idee, in seinem Park den grossen Buddha von Bamiyan wieder aufzubauen. Im Herbst 2001 begannen 300 Steinmetze unter der Leitung der "Sichuan Art Academy" mit dem Bau der Bamiyan Replika. Archäologische Spitzfindigkeiten kümmerten die Erbauer dabei wenig. Da der Original Bamiyan Buddha sein Gesicht aus Holz und Metall schon vor Hunderten von Jahren verloren hat, verpassten die chinesischen Steinhauer "ihrem" Buddha kurzerhand ein Fantasiegesicht.
"Unser Bamiyan-Buddha blickt in eine wunderschöne Landschaft. Ich bin sicher, dass es ihm hier besser gefällt, als in der Wüste in Afghanistan."

(Liang Enming, Oriental Buddha Park Chairman)
Als Kameramann Peter Indergand und Regisseur Christian Frei im Oktober 2003 Leshans Bamiyan Buddha besuchen und filmen wollten, war er nirgendwo zu finden. Und als sie beim Parkpersonal nachfragten, kriegten sie seltsam ausweichende Antworten:


Dieser Buddha sei in Reparatur und gesperrt... er sei nicht mehr da... geschlossen... Schluss... der sei doch in Afghanistan und nicht hier in China... der Buddha sei wegen Korrektur vorübergehend geschlossen... sowas habe es hier nie gegeben.
Warum diese Geheimnistuerei? Warum darf niemand mehr diesen Buddha sehen? Es ist der Abt eines buddhistischen Klosters, der die Filmer schliesslich auf die richtige Spur führt.



ETH Zürich - Wiederaufbau dank Schweizer High-Tech?
Wenn Doktorand Fabio Remondino sich die 3D-Brille aufsetzt und mit einer schwebenden Raummarke zwei übereinanderliegende Bilder des grossen Buddhas von Bamiyan vermisst, wähnt man sich in einem Sciencefiction Film. Dank Fotogrammetrie ist der Bamiyan-Buddha auf den Computern der ETH Zürich virtuell bis ins Detail rekonstruiert worden. Der Buddha ist wieder da. Dreidimensional. Zentimetergenau.
So, wie er vor der Zerstörung ausgesehen hat.


Diese Daten könnten auch Grundlage eines physischen Wiederaufbaus in Bamiyan bilden. Die Ignoranz der Bilderstürmer würde damit bestraft, der Tourismus angekurbelt, und ein Stück kultureller Identität könnte Afghanistan zurückgegeben werden.
Es gibt zahlreiche Projekte für eine Rekonstruktion der Bamiyan Buddhas weltweit. Doch das Schweizer Projekt von Paul Bucherer und Professor Armin Grün ist dasjenige, das die grössten Chancen hat, jemals verwirklicht zu werden.
Im Film "The Giant Buddhas" gibt es eine Sequenz, in der Nelofer Pazira einige Sekunden lang das Gefühl hat, der grosse Buddha von Bamiyan würde wieder in der Nische stehen. Verantwortlich für die Visual Effects waren Patrick Lindenmaier und Paul Avondet von Andromeda Film AG, die in enger und monatelanger Zusammenarbeit mit der ETH Zürich dieses "Wunder" möglich machten. Dank exakten
Bilddaten des Afghanistan-Instituts im Schweizerischen Bubendorf und der Kyoto-Universität in Japan, wirkt nun Nelofer's Vision des grossen Buddhas von Bamiyan absolut authentisch. Nicht nur der Buddha, sondern auch sämtliche Fresken sehen genau so aus, wie vor der Zerstörung durch die Taliban.



UNESCO - Die Debatte um die Authentizität
Die Debatte um eine eventuelle Renovation, Restauration oder Rekonstruktion der Bamiyan-Buddhas ist für einen Dokumentarfilmer interessant: es geht auch hier um Authentizität, um Wahrhaftigkeit. Christian Manhart ist im UNESCO Hauptquartier Paris zuständig für Afghanistan und für ihn gibt es andere Prioritäten in Bamyian: Eine Rekonstruktion der Buddhas sei nicht vordringlich. Die Nischen jedoch, in
der die beiden Buddhas standen, seien durch die Explosionen beschädigt und müssten konsolidiert werden. Und auch die verbliebenen Fresken sollen restauriert und geschützt werden.


Im Film begleiten wir das UNESCO Experten-Team nach Bamyian und wir lernen, dass die entgültige Entscheidung über die Zukunft der Bamiyan-Buddhas noch nicht gefallen ist: Soll ein Mahnmal am Boden ausgelegt werden? Soll ein Laser-Hologramm nachts in der Nische leuchten? Oder soll schliesslich doch per sogenannter Anastylose der Buddha aus Fragmenten wieder aufgebaut werden?
Die Erzählerstimme im Film fasst die Stimmung im Expertenteam wie folgt zusammen:
"Es ist die Stunde der Experten mit ihren Power Point Präsentationen, der Meetings und der wissenschaftlichen Debatten. Auf den Zentimeter genau könne man aufgrund der magnetischen Ausrichtung von Mineralien bestimmen, wo ein Fragment des Buddhas herkomme. Und dann? Wozu dient dieses Wissen? Wird der Buddha je wieder auferstehen deswegen?
Überall werden Sensoren installiert. Stahlanker in den Fels gebohrt. Alles gewissenhaft rapportiert. Braucht es so viel Exaktheit für ein Mahnmal? Die nächsten paar hundert Jahre werde die Nische nicht einstürzen, verkündet einer der
Ingenieure. In ein paar Millionen Jahren, meint dazu der Geologe, wird das ganze Kliff nicht mehr da sein.
Wie sagte doch Buddha? Alles ändert. Nichts bleibt."
Wie sagte doch Buddha? Alles ändert. Nichts bleibt."